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Amtzellerin verkauft in Wangen Schuhe ihrer ukrainischen Freundin


Zwei Frauen aus Amtzell und Kiew sind freundschaftlich und geschäftlich miteinander verbunden. Das ist ihre Geschichte.





WANGEN (sz) - „Als sie zurückging nach Kiew, war das ein richtiger Herzschmerz für mich.“ Mit diesen Worten beschreibt Andrea Delle die tiefen Gefühle, die sie mit der Ukrainerin Yana Humenchuk verbinden. Jetzt wurde diese Verbindung auch zu einem geschäftlichen Joint Venture. Noch im vergangenen Jahr bot sie der Geflüchteten und ihrer Tochter eine Bleibe in ihrer Wohnung und versorgte sie mit dem Notwendigsten.

Daraus entwickelte sich eine tiefe Freundschaft, die auch anhielt, als es Yana Humenchuk im September wieder zurück in ihre Heimat zog. Nun verkauft die Einzelhändlerin die in ihrer kleinen Werkstatt in Kiew gefertigten Schuhe.


Doch der Reihe nach: Die Schuhe gibt es in ganz Deutschland exklusiv nur in Wangen bei Andrea Delle. Sie ist die Mitbesitzerin von „Karin Birk“ in der Herrenstraße. „Ich hab zu Yana gesagt, ich würde gerne Schuhe von dir bestellen“. In ihrem Laden gibt es seit jeher Mode, Schuhe und Lederwaren. „Yana hatte bereits vor dem Krieg eine kleine Schuhfabrik in Kiew. Sie kennt sich wirklich mit Schuhen aus und ist sehr modebewusst“, so Delle. Und tatsächlich sehen die Stiefel, die nun im Laden stehen, so chic aus wie die italienischen Modelle daneben. Sorgfältig verarbeitet, trendy, aus weichem Leder.


Schuhwerkstatt in Kiew muss mit Stromausfällen umgehen

Zum gemeinsamen Geschäft musste Andrea Delle die umtriebige Ukrainerin aber fast ein wenig überreden. Die kämpft seit ihrer Rückkehr nach Kiew im September 2022 darum, ihre Schuhwerkstatt unter dem Label „MIAS“ überhaupt wieder zum Laufen zu kriegen. Einige ihrer neun Mitarbeiterinnen waren inzwischen selbst vor dem Krieg geflohen, die Produktion stockte mit jedem Stromausfall, Generatoren waren nur schwer zu bekommen, auch für die benötigten Materialien mussten oft neue Handelswege gefunden werden.


Dank der guten Wirtschaftsbeziehungen der Ukraine zur EU sei derzeit auch der Bezug anderer Materialien aus EU–Ländern gesichert. Und auch der Absatz läuft noch recht gut, bis nach Amerika oder Australien liefert Humenchuk ihre Kreationen, die sie über Instagram bewirbt und über das Internet verkauft. Allerdings gehen wegen des Krieges weniger Bestellungen ein als zuvor.


„Die Leute haben Angst, Schuhe aus einem Land zu bestellen, das sich im Krieg befindet“, glaubt Humenchuk. Umso wichtiger war es Andrea Delle ihre ferne Freundin mit ihren Bestellungen ganz pragmatisch zu unterstützen.


Der deutsche Zoll wird zur großen Hürde

Doch mit dem holprigen Export ausgerechnet nach Deutschland hatte bei dem kleinen gemeinsamen Schuhprojekt Kiew–Wangen niemand gerechnet. Im Oktober bestellte Andrea Delle zwei Sortimente von Stiefeln in allen gängigen Größen bei ihrer ukrainischen Freundin, insgesamt 16 Paar. Normalerweise ist innerhalb weniger Tage die Ware da.


Doch dieses Mal legten die russischen Angriffe mit regelmäßigen Stromausfällen auch in Kiew immer wieder die Produktion lahm. Und auch der deutsche Zoll legte sich zunächst quer. Dort nahm man nicht nur die Lieferung eingehend unter die Lupe, sondern verlangte auch eine sogenannte Einfuhr–Zollerklärung. Die war Andrea Delle nicht geläufig, für ihre europäischen Handelspartner benötigt sie die sonst nicht. „Machen Sie sich im Internet schlau“, war der einzige Rat, den man ihr gab. Die Ware blieb beim Zoll.


Die Einzelhändlerin begann nach jemandem zu suchen, der ihr mit der Einfuhr–Zollerklärung behilflich sein könnte. Diverse Speditionen fragte sie an, einige hatten das Geschäft mit der Ukraine aber eingestellt. Schließlich half man ihr bei Noerpel in Bad Waldsee. Doch dann fehlte auf einem Formular die Originalunterschrift von Yana Humenchuk.


Das Ganze musste also per Post von der Ukraine nach Deutschland organisiert werden – in Kriegszeiten. Doch auch diese Hürde nahmen die deutsch–ukrainischen Geschäftspartnerinnen schließlich und seit etwa zwei Wochen stehen die Kiewer Unikate nun in Andrea Delles Geschäft und erfreuen sich großer Beliebtheit. Und schon ist die nächste Bestellung in Planung, dieses Mal sollen es Exemplare für Frühling und Sommer sein: etwa Sneakers und Sandalen.


Freundschaft hat eine gewisse Vorgeschichte

Übrigens: Lange bevor Yana Humenchuk in ihr Leben trat, hatte Familie Delle deren Mutter Valentina ins Herz geschlossen, die „hingebungsvoll“ bei der Pflege der Oma hilft. Als Russland den Angriffskrieg auf die Ukraine startete, wollte die Familie ihrer Pflegekraft etwas zurückgeben für deren Einsatz und bot daher auch Tochter und Enkeltochter in Amtzell eine Zuflucht vor der anrückenden russischen Armee. Dort fand Yana Humenchuk vorübergehend eine zweite Heimat und neue Freunde.


Andrea Delle war es auch, die, als immer mehr Anfragen von Yanas Bekannten und Freunden bei ihr landeten, die umfangreiche Hilfe für Ukraine–Flüchtlinge in Amtzell ins Rollen brachte. Sie wandte sich an Paul Locherer und Saskia Graf von „Füreinander-Miteinander“, die fortan Wohnraum, Kleidung, Deutschkurse, Hilfe bei Anträgen und vieles mehr organisierten. Auch heute wohnt wieder eine Ukrainerin in der kleinen Wohnung, die auch Yana Humenchuk Schutz geboten hatte.

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